Am Ende? Anfangen!
Um 1970 konstituiert sich an der Schnittstelle von populärer Musik, Theater, Kabarett und Literatur ein neues Genre – die Rockoper. Während erste englischsprachige Zeugnisse bei aller musikgeschichtlichen Novität erzählerisch dem „Geist des Entwicklungsromans“ verhaftet bleiben,1 erscheint ihr deutschsprachiges Gegenüber als Paradebeispiel eines historisch-konkreten Ansatzes politischer Ästhetik. Zeitgenössisch bildet die Politrock-Oper die gegenkulturell enorm populäre ‚Begleitmusik‘ der kulturgeschichtlichen Entwicklungen der 1970er in der deutschsprachigen Linken. Die letzten Sätze dieser komplexen künstlerischen Texte lassen ihre veränderten Bedingungen und Selbstverständnisse unter den spezifischen Ansätzen von Kunst im linken Spektrum der Zeit aufscheinen.2
Polit – Rock – Oper
Weniger Zerfall, sondern eher organisatorische und inhaltliche Ausdifferenzierung ‚der‘ APO hin auf die Neuen sozialen Bewegungen prägt die 1970er in der linken Gegenkultur. Dieser Prozess affiziert die künstlerischen Produkte dieses vielschichtigen kulturellen Subsystems. Gelten die späten 1960er den Akteur:innen rückblickend als Phase relativer kultureller Einheit „unter dem alles einschließenden Namen UNDERGROUND“ – „Haschisch plus Sexrevolution plus Sozialismus plus Anarchie plus Kämpfen geteilt durch Anti“3 –, entsteht um 1970 ein deutlicherer Anspruch an die gesellschaftliche Wirksamkeit von Kunst und mit ihr: Politrock.4 Befragte man das zeitgenössische Publikum nach dessen einschlägigen Vertreter:innen, „fiel denen ein: Schmetterlinge […], dann kam Floh de Cologne, und dann kam Oktober, und dann war fast schon Sense“.5 Diese Bands entwickeln in den 1970ern, auf ein Publikum von (Arbeiter-)Jugendlichen abzielend, unter Zusammenführung von künstlerischer Erkenntnisvermittlung und populärer Musik multimedial erzählende „Komplettstücke“6 zwischen Theater, Kabarett und Show. Ihr erklärtes Anliegen: die „direkte Umsetzung von aggressivem Feeling in intellektuellen Protest“.7 Dass dafür die ‚semantisch privilegierte Stelle‘ am Ende des jeweiligen Textes besonders bedeutsam ist, mag ohne Weiteres einleuchten.8 Denn, agitproper formuliert: Was zuletzt ins Ohr geht, bleibt am ehesten im Kopf.
Wir werden immer mehr – Organisierung und Solidarisierung
Mit Profitgeier legt der (so Musiker:innen, Feuilleton und Fans) seit Mitte der 1960er aktive Floh de Cologne das erste politisch-ästhetische „Gesamtwerk“ (so das Textblatt) vor – die modellbildende „Rockoper“ (so das Cover). Die Erzählung aus der Perspektive eines jungen Arbeiters wird unter Beigabe zahlreicher Fakten und Daten an die Ursachen schlechter Arbeitsverhältnisse rückgebunden und mündet im Aufruf ihrer notwendigen Abschaffung mittels Solidarisierung und Organisierung. In der scharfen Opposition von oben/unten, Ausbeuter/Ausgebeutete, Unternehmer/Arbeiter wird eine klar parteiliche Perspektive eingenommen und schließlich auf die Zukunft gewendet. „Es hat erst angefangen, wir werden immer mehr. Wir haben erst angefangen, wir werden immer mehr, wir werden immer mehr“, endet der Anfang des Genres. Der Optimismus, den die Präzisierung der vorangehenden Gegenkultur auf einen konkreten Klassenantagonismus kennzeichnet, zeigt sich auch in den folgenden Alben, so der „Rock-Jazz-Rakete“ Lucky Streik (1973). Die Erzählung eines Arbeitskampfes um Lohnerhöhung mit allen denkbaren Schikanen mündet neuerlich in die identitätsstiftende Feststellung: „Die Herrn der Wirtschaft sind sehr stark, doch nicht so stark wie wir. Wir sind millionenmal so stark, millionenmal so stark wie sie, wenn wir zusammenstehen.“ Sie betont – unter der Bedingung der Solidarisierung – auch die Aussichten einer Auseinandersetzung der zwei in der Wir-Sie-Opposition aufgehenden Gesellschaftssysteme, Sozialismus und Kapitalismus.
Dass dieser Kapitalismus mit Faschismus Hand in Hand geht, wird zum rekurrenten Ordnungssatz der textuellen Weltmodelle und modifiziert den abschließenden Appell. So mündet Mumien. Kantate für Rockband (1974), auf den Putsch gegen die Allende-Regierung in Chile bezugnehmend, nach der Erklärung des Putsches mit Kapitalinteressen9 im Aufruf „Genossen, Kollegen, nicht lange überlegen, in die Hände gespuckt und ran!“ und in einem gesprochenen Kommentar über die internationale Dimension des Kampfes gegen den faschistisch-kapitalistischen Komplex. Gelten die Appelle anfangs noch der allgemeinen proletarischen Solidarisierung und Organisierung, werden sie schrittweise um systemische, schließlich internationalistische und antifaschistische Bedeutungsebenen ergänzt. Ungebrochen bleibt, bei aller Differenzierung des Telos in die notwendige Selbsttätigkeit, der Optimismus dieser letzten Sätze im Vorhaben, ein proletarisches Publikum zu einem revolutionären „Wir“ für ein besseres Morgen und gegen das überlieferte schlechte „Sie“ von gestern und heute zu bilden.
Unsere Geschichte – Subversive Historiografie und Selbsthistorisierung
In Floh-Alben Mitte der 1970er steht deutlicher die historische Dimension der antagonistischen Opposition im Fokus. Stellt die Geyer-Symphonie (1974) die in der BRD hegemonialen Anderen als in der jüngsten (NS-)Vergangenheit verankerte „Gegner der Menschheit“ heraus und infrage („Sie müssen vielleicht so sein, wie sie sind, aber sie müssen nicht sein“), eröffnet die Rock-Show TILT! (1975) den Blick auf Geschichte als Geschichte von Klassenkämpfen, in deren Zug der Zeit auch eigene Geschichte in den Blick gerät, in deren Konsequenz „niemand […] die Kapitalisten vor den Arbeitern retten können [wird].“ Subversive Geschichtsschreibung10 ist auch das Anliegen der anderen einschlägigen Politrock-Bands gegen Ende der 1970er. So setzt das vierteilige „Rock-Werk“ Die Pariser Kommune (1977) von Oktober das titelgebende Ereignis konsensualen Lesarten der Jahre 1870/71 entgegen. Die Kontrafaktur des ersten Teils („Unser Blut – Ihre Geschichte“) im vierten („Unser Blut – Unsere Geschichte“) mag dabei die Tendenz der Erzählung andeuten: Parteilich und (überwiegend) aus Sicht der Kommunarden geschildert, erfolgt die Infragestellung der Historiografie zugleich als Selbsthistorisierung aktueller Kämpfe. Zwar reflektiert die Rollenprosa Resignierter am Ende des vierten Teils den schwierigen Stand solcher Ansätze am Ende der 1970er, doch konterkariert das Lob der Dialektik Brechts entschieden, „[d]enn die Besiegten von heute sind die Sieger von morgen, und aus Niemals wird: Heute noch!“ Hier wird die Agitation der appellativen Schlüsse früherer Alben mit der Einreihung in eine eigensinnige Geschichte politischer Ästhetik verknüpft.
Mit der Proletenpassion (1977) der Schmetterlinge liegt das wohl umfangreichste Zeugnis des Politrocks der 1970er vor.11 Sie setzt statt eines einzelnen eine ganze Kette von Ereignissen proletarisch-revolutionärer Gegengeschichte. Auch hier ist der im Beiheft mit den Fragen eines lesenden Arbeiters angeführte Brecht Stichwortgeber. Von den Bauernkriegen über die bürgerlichen Revolutionen, Kommune und Oktoberrevolution sowie – mit der Geschichtsschreibung des Eigenen brechend – den Faschismus wird eine Chronologie modelliert, aus der Schlüsse für die Gegenwart gezogen werden. Historisches Wissen wird explizit als Grundlage für heutiges Handeln gesetzt, wo aus Rekapitulation der Vergangenheit und Gegenwartsdiagnose schließlich die Zukunftsperspektive abgeleitet wird: „Nichts bringt uns mehr zum Stehen, die Strecke wird genommen. Wir wissen, wohin wir gehen, weil wir wissen, woher wir kommen. Wir lernen im Vorwärtsgehen, wir lernen im Gehen.“
Die letzten Sätze im historiografischen Paradigma stellen – auch in den umfangreichen Beiheften der Alben und auf ihren Covern – einen Konnex zwischen Geschichte und Gegenwart her. Historische Bildungsarbeit komplementiert bei aller klassenantagonistischen Geschichtsmodellierung mit Subjektivierung und Emotionalisierung die Aufrufe zu Solidarisierung und Organisierung, indem vergangene Beispiele als ‚same, but different‘ herausgestellt und die aktuellen Kämpfe traditionsbildend in eine überhistorische Reihe eingeordnet werden.
Der die Kraft seiner Klasse nicht sah – Subjektivierung und Differenzierung
Die Alben der späten 1970er zeugen von einer neuen Vorrangstellung des Subjektiven und einer zunehmenden thematische Differenzierung. Das Floh-Album Prima Freiheit (1978) widmet sich als vielfältig fokalisiertes „Kolossal-Sittengemälde der späten siebziger Jahre“ der scheiternden Organisierung angesichts individueller Resignation. Die ‚prima Freiheit‘ wird im letzten Song als Freiheit zum Einverständnis pointiert, dessen Naturalisierung Versuche der Solidarisierung absorbiert. Derart verändert sich auch der abschließende Appell: „Du weißt, dass dies erst anders wird, wenn du nicht mehr beiseite stehst, wenn du vereint mit vielen gehst und den hohen Herren in die Suppe spuckst.“ Teleologische Sicherheit und Aktivierung ist hier, bei allem zugesprochenen Besser-Wissen, nurmehr in der formalen Darbietung aufgehoben.
Mit den Liedern aus der Rock-Oper Koslowsky (1980) setzt der Floh dem Genre ein vorläufiges Ende. Die langfristig in und um die Maximilian-Hütte in Sulzbach-Rosenberg recherchierte12 Lebensgeschichte des Rudi Koslowsky stellt familiär ‚vererbtes‘ Prekariat, Arbeitsalltag, Hoffnungen und Träume des Protagonisten mit fehlendem Klassenbewusstsein in Zusammenhang. Nur spontan zur Erkenntnis seiner Lage durchdringend, bleiben Konzessionen an ein Residuum revolutionärer Ansatzpunkte unabgegolten. Letzte Sätze umschreiben den Protagonisten als „Rudi Koslowsky, dem die Geschichte seiner Klasse die Kraft zum Leben gab, aber der die Kraft seiner Klasse nicht sah“. Eine Aufhebung der Resignation derer, die zwar Klasse an sich, doch nicht für sich sind, bleibt aus.
Himmel auf Erden! (1979) von Oktober, das Teile der Brokdorfer Kantate Peter-Paul Zahls vertont, stellt damit statt Klassenkampf die Anti-AKW-Bewegung in den Fokus.13 Diesen neuen thematischen Bezugspunkt zeigen auch die „Lieder zur Lage“ der Herbstreise (1979) von den Schmetterlingen und verbinden ihn mit Darstellungen antifaschistischen, antikapitalistischen oder gewerkschaftlichen Engagements, die tendenziell voneinander getrennt werden. Mit dem selbstreflexiven Schlusssong Das letzte Lied, der explizit mögliche Inhalte, Anforderungen und Funktionen dieser privilegierten Texte thematisiert, markieren sie eine grundlegende Veränderung im künstlerischen Selbstverständnis: „Das letzte Lied, das letzte Lied müßt ihr euch selber singen, denn außer euch ist niemand da, dem sowas könnt’ gelingen.“ Als ‚Meta-Appell‘ werden hier die Appelle dezidiert proletarischer Solidarisierung in den früheren letzten Sätzen aktualisiert, freilich ohne den agitatorisch-didaktischen Anspruch („müßt ihr“) bereits ganz aufzugeben. Gleichwie steht am Ende des Jahrzehnts damit das Fazit: Selber singen macht stark – und betont in subjektiver Zuspitzung die eigenmächtige, thematisch je pointierte Fortsetzung subversiven politisch-ästhetischen Engagements durch das Publikum.
Am Ende? Anfangen!
Die letzten Sätze der betrachteten Politrock-Opern lassen einige zentrale Entwicklungen der deutschsprachigen Linken in den 1970ern erkennbar werden. Zunächst orthodox marxistische Analysen leiten aus der antagonistischen Beschreibung der Gegenwart eine unter der Voraussetzung emanzipativen, solidarischen und revolutionären Handelns notwendig eintretende sozialistische Gesellschaft ab. Dieser Appell wird zusätzlich historisch verankert, ehe am Ende des Jahrzehnts neue thematische Schwerpunkte sowie subjektive Perspektiven in den Fokus rücken, die auch eine einsetzende Resignation andeuten. Nichtsdestotrotz bleiben die Politrock-Opern dem Anspruch der Bewusstseinsbildung und Erkenntnisvermittlung verpflichtet. Ihre letzten Sätze dienen diesem Vorhaben als Schnittstellen von Diagnose und Handlungsaufruf, Geschichte und Gegenwart, Darstellung und Partizipation, Kunst und Gesellschaft, Agitation und Popularisierung, kurzum: Ende (der Handlung) und Anfang (des Handelns). In ihnen werden die Zuhörer:innen zu Teilen der Erzählung und wird das textuelle Weltmodell mit der außertextuellen Wirklichkeit vermittelt, von der es seinen Ausgang nahm.
Mitte der 1970er differenzieren sich die politischen Handlungsfelder. Neben Umwelt- und Friedensbewegung wachsen gegen (alten und neuen) Rechtsradikalismus und (Neo-)Nazismus dezidiert antifaschistische, daneben antiimperialistische oder feministische Bündnisse, mit ihnen veränderte Aktionsformen des Widerstands, die neue politisch-ästhetische Konzepte bedingen. Beschleunigt durch die rapide Kommerzialisierung des Musikgeschäfts und die künstlerischen Entwicklungsversuche der Bands,14 kommt die Politrock-Oper weitgehend zum Erliegen. Während das Genre in der DDR kurz aufblüht,15 lösen sich Oktober und Floh de Cologne auf. Die österreichischen Schmetterlinge existieren fort und touren mit der Proletenpassion erfolgreich durch die Jahrzehnte – die Neuinszenierungen 2015 in Wien oder 2018 in Essen mögen das Interesse an diesem konkreten Stück bis in die Krisen der Gegenwart verdeutlichen. Das (vorläufige) Ende der Politrock-Oper ist so absolut dann vielleicht doch nicht. Das Ende des ihnen gewidmeten Beitrags soll es ebensowenig sein. Der macht es wie seine Gegenstände und sagt: Am Ende? Anfangen! Zum Beispiel damit, einige kulturgeschichtlich substanzielle und auch sonst sehr hörenswerte Platten aufzulegen.
References
- Jürgensen, Christoph und Antonius Weixler (2024): The Real Me – Die Geburt der Rockoper aus dem Geist des Entwicklungsromans, in: Michael Eggers (Hrsg.): Literaturpop. Zur pop- und rockmusikalischen Rezeption literarischer Texte, Baden-Baden: Rombach, S. 125–149.
- Performativität und Rezeption werden im Folgenden ausgeklammert. Vgl. dazu ausführlich Karger, Inge (2000): Politische Musik und naive Musiktherapie. Eine Untersuchung zum Erleben politischer Konzerte in den 80er Jahren am Beispiel von Aufführungen des szenischen Oratoriums Proletenpassion der Polit-Rock-Gruppe Schmetterlinge, Oldenburg: BIS. Zur musikgeschichtlichen Verortung vgl. Herzfeld, Gregor (2015): Die Rockoper. Genese, Verstetigung und Diversifikation eines Genres, in: Musiktheorie, Bd. 30, H. 1, S. 43–60.
- Städtler, Dick (1980): Internationale Essener Song-Tage ‘68. Ein ungewöhnlicher Artikel über ein außergewöhnliches Ereignis in einer gewöhnlichen Zeit, in: Floh de Cologne (Hrsg.): Rock gegen rechts. Beiträge zu einer Bewegung, Dortmund: Weltkreis, S. 15–22, hier S. 18.
- Vgl. Brauer, Andy (1980): Politrock, was is’n das?, in: Floh de Cologne (1980), S. 49–56.
- Herrnstadt, Schurli und Steve B. Peinemann (1980): Wir haben mehr Abstand, in: Steve B. Peinemann (Hrsg.): Die Wut, die du im Bauch hast. Politische Rockmusik: Interviews, Erfahrungen, Reinbek bei Hamburg: Rowohlt, S. 129–135, hier S. 131.
- Zitat Brauer 1980, S. 53.
- Enxing, Vridolin und Steve B. Peinemann (1980): ‘ne gute Verbindung zwischen Kopf und Bauch, in: Peinemann 1980, S. 22–37, hier S. 32.
- Vgl. andernfalls: Lotman, Jurij M. (1973): Die Struktur des künstlerischen Textes. Frankfurt a. M.: Suhrkamp, S. 315–327. Lotman hebt ebd., S. 326, die Bedeutung des Endes für kulturelle Weltmodelle hervor: „Deshalb ist das gute oder schlimme Ende für uns so bedeutsam: Es zeugt nicht nur vom Abschluß der einzelnen Sujets, sondern auch von der Konstruktion der Welt im ganzen.“ Insbesondere in utopischen Modellierungen sei es deutlich betont, vgl. ebd., S. 323.
- Zur dieser Tendenz der radikalisierten Kapitalismuskritik im Kontext des zeitgenössischen Erinnerungsdiskurses vgl. Löding, Ole (2010): „Deutschland Katastrophenstaat“. Der Nationalsozialismus im politischen Song der Bundesrepublik, Bielefeld: transcript, S. 261–277.
- Vgl. zu dieser Konstante linker Geschichtspolitik und ihren jeweiligen Kontexten Mayer, David (2015): Gute Gründe und doppelte Böden. Zur Geschichte ‚linker‘ Geschichtsschreibung, in: AutorInnenkollektiv Loukanikos (Hrsg.): History is unwritten. Linke Geschichtspolitik und kritische Wissenschaft. Ein Lesebuch, Münster: edition assemblage, S. 28–52.
- Vgl. neben Karger (2000) zur musikwissenschaftlichen Einordnung Juhasz, Christiane (1994): Kritische Lieder und Politrock in Österreich. Eine analytische Studie, Frankfurt a. M. u.a.: Lang, hier S. 298–320 und S. 366–374.
- Vgl. Enxing/Peinemann 1980, S. 31f.
- Zahls Vorlage wird umfangreicher und komplexer auf dem gleichnamigen Album von Kernbeisser aus demselben Jahr vertont.
- Vgl. die Selbstaussagen in Floh de Cologne 1980 und Peinemann 1980.
- Mit Weißes Gold (1978) der Stern-Combo Meißen oder Die sixtinische Madonna (1980) von Electra liegen musikalisch eigensinnige, erzählerisch dabei weitgehend konventionelle Aneignungen von kulturellem Erbe zur Traditionsbildung und Popularisierung vor, die gleichsam zeitgenössische Tendenzen der Subjektivierung aufrufen. Die „Rock-Oper“ Rosa Laub (1982) von Horst Krüger und Waldtraut Lewin scheint ihren Erfolg dagegen eher aus der Schilderung einer erzählerisch wie musikalisch zeitgemäßen Coming-of-Age-Geschichte zu ziehen, die von politischen Appellen allenfalls ironisierend Gebrauch macht. Die größte funktionale wie strukturelle Ähnlichkeit mit den Beispielen aus der BRD – Floh de Cologne werden durch Dokumentationen, Auftritte, Kooperationen mit Filmschaffenden und Amiga-Pressungen von Profitgeier und Koslowsky auch in der DDR rezipiert – hat Paule Panke (1989) von Pankow. Der Livemitschnitt von 1982 erzählt einen „Tag aus dem Leben eines Lehrlings“ und verdeutlicht insbesondere Langeweile und Ennui eines jungen Arbeiters gegenüber den monotonen Routinen der arbeiterlichen Gesellschaft, in der die Einbindung der Jugend scheitert. Die subjektive Kritik entwickelt sich schließlich aber zur (nicht präzisierten) Einsicht des letzten Songs, dass sich einzubringen notwendig, aber nie konfliktlos ist – pointiert im Aufruf: „Komm aus’m Arsch!“
SUGGESTED CITATION: Preuß, Tim: Am Ende? Anfangen! Letzte Sätze in Politrock-Opern der 1970er, in: KWI-BLOG , [https://blog.kulturwissenschaften.de/am-ende-anfangen/], 20.01.2025