Genossenschaftliches Wohnen
Nach Nahrung und Kleidung gehört das Wohnen zu den Grundbedürfnissen der Menschen. Und es hat den Anschein, als würde es zunehmend schwieriger, dieses Grundbedürfnis zu befriedigen. In den Medien, in Politik und Wohnungswirtschaft wird diskutiert, wie man der Wohnungsnot abhelfen könnte. Alle Verantwortlichen wissen, dass es in Deutschland keine Wohnungsnot an sich gibt, es gibt nur zu wenig bezahlbaren Wohnraum da, wo die Nachfrage groß ist, und andernorts Leerstand. Wir verbrauchen immer mehr Wohnraum pro Kopf, weil es immer mehr Single-Haushalte gibt.1 Je älter die Bevölkerung wird, desto größer wird der Flächenverbrauch pro Kopf.2
Jeder bewohnte Quadratmeter Fläche in Gebäuden führt zu höherem Energieverbrauch, denn die Fläche wird beleuchtet, beheizt, mit Bodenbelag versehen und möbliert, muss gereinigt und instandgehalten werden. Dies führt zu erhöhtem Energie- und Ressourcenverbrauch und ggf. Schadstoffemissionen. Haushalte belegen nicht nur Wohnfläche innerhalb von Gebäuden, sondern ihnen ist allein oder anteilig auch die Grundstücksfläche, auf der das Wohngebäude steht, zuzurechnen. Hinzu kommt weitere Bodenfläche außerhalb des Wohngrundstücks, zum Beispiel die Fläche für Erschließungsstraßen oder andere Infrastrukturen, wie Abwasserbeseitigungsanlagen oder Spiel-, Sport- und Grünflächen, die dem Wohnen dienen. Jede Nutzung von Bodenflächen durch den Menschen hat mehr oder weniger große Auswirkungen auf die Umwelt. Das gilt auch für die Nutzung durch Siedlungsflächen und dadurch bedingt für die Flächen der Verkehrsinfrastruktur. Irreversibel wird etwa in die Fläche eingegriffen, wenn natürliche Bodenstrukturen und -funktionen zum Beispiel durch Überbauung und Versiegelung zerstört werden. Ziel muss es sein, knappe Fläche nachhaltig und umweltschonend, ökonomisch effizient und sozial gerecht mit Rücksicht auf künftige Generationen zu nutzen.3
Das wissen wir alle. Und warum ändert diese Erkenntnis nichts? Einige Gründe sind:
- Wohnhäuser stellen Investitionen dar und/oder Kapitalanlagen, sie sollen eine Rendite erwirtschaften, z.B. in Gestalt der Miete der Bewohner.
- Wohnräume stellen ihre Bewohner dar, sie sollen Individualität und Status ausdrücken, aber zugleich auch die Geborgenheit und Sicherheit eines „Zuhauses“ bilden.
- Wohnraum ist Abbild der sozialen Beziehungen in unserer Gesellschaft, und die sollen möglichst freiwillig und selbstgewählt sein.
- Der Staat will uns zu einem ökologischen, konjunkturell vorteilhaften oder anderweitig gesellschaftlich wertvollen Verhalten anstoßen durch Regeln und Fördermaßnahmen.
Zickzack-Steuerung ohne Orientierung
Wohnraum ist eine „Ware“ auf einem Markt. Darum bewirken beschleunigte Nachfrageverschiebungen entsprechende Preisentwicklungen. Und die meisten Wohnhäuser werden nun einmal durch private Bauherren errichtet. Der Staat sorgt an dieser Stelle nicht für die Erfüllung unseres Grundbedürfnisses, er sorgt nicht einmal für die Bedürftigen durch die Errichtung von genügend Sozialwohnungen.
Beständig beteuern die politischen Parteien, dass sie für bezahlbaren Wohnraum sorgen wollen. Ein konkretes Konzept zur zukünftigen Gestaltung des Raumbedarfs und der Gestaltung von städtischen und ländlichen Räumen bieten die Parteien aber kaum, sie sprechen nur von der Errichtung neuer (Sozial-)Wohnungen und Fördermaßnahmen für die private Bauwirtschaft. Durch solche Fördermaßnahmen und gesetzliche Regelungen werden Bauen und Wohnen beeinflusst. Aber es fehlt ein langfristiges Gesamtkonzept, wie die Wohnraumbedürfnisse einer sich wandelnden Gesellschaft mit Natur- und Klimaschutzzielen, vermindertem Ressourcenverbrauch, aber auch der Stärkung des sozialen Zusammenhalts durch wohnungswirtschaftliche Maßnahmen in Einklang gebracht werden könnten. Energieeinsparung, Eindämmung des Ressourcenverbrauchs und Verwendung erneuerbarer Rohstoffe werden durch Subventionen gefördert. Die damit verbundenen Kosten verteuern jedoch den Wohnraum erheblich. Das kann durch keinen Mietspiegel oder -deckel verhindert werden. Auch das Zusammendenken von Wohnen und Verkehr unterbleibt. Es wird eine Pendlerpauschale finanziert und deren Erhöhung politisch gefordert, um Wohnen auf dem Land zu ermöglichen. Dabei nimmt man in Kauf, mehr Verkehrsaufkommen zu erzeugen. Jede Wohneinheit braucht genehmigungsrechtlich in NRW oder Bayern bis zu zwei PKW-Stellplätze, das konterkariert die Verkehrswende und versiegelt Flächen, die sonst Garten sein könnten.
Staatliches Handeln erzeugt viele Widersprüche und keineswegs konsistente Anreize, damit sich Bürgerinnen und Bürger bei ihren Wohnentscheidungen ressourcensparend, klimaschützend, gemeinschaftsfördernd verhalten. Stattdessen werden durch Fördermaßnahmen vielfach Lobby-Interessen bedient. So sind die Fassadendämmungen der Vergangenheit wohl eher Industrie- und Handwerkförderung als Umweltschutz gewesen. Die Förderung der Solarenergie folgt einem Zickzackkurs, vertreibt Hersteller und entmutigt private Bauherren.
Habito ergo sum
Auch wir leisten zu diesen Widersprüchen unseren Beitrag – nicht nur durch unsere Wahlentscheidungen, sondern auch durch unser Alltagsverhalten: Wir alle tragen dazu bei, dass Wohnen zunehmend zum Distinktionsmerkmal und Ausdruck von Individualismus geworden ist und dass pro Kopf immer mehr Wohnraum benötigt wird (von ehemals ca. 25 qm (1970) auf heute ca. 47 qm, so das Umweltbundesamt am 5.11.2021). Platz als Luxus ist das Gegenteil von Bedürfnisbefriedigung. Wir verhalten uns alle widersprüchlich. Wir wollen im Alter nicht vereinsamen, aber solange wir jung und mobil sind, wollen wir uns nicht an die Bedürfnisse anderer binden, sondern Ort und Wohnform nach Gusto wechseln. Wir beziehen ein Haus mit Garten im Grünen und nehmen lange Autofahrten in Kauf, um an den Arbeitsplatz zu kommen. Wir trennen uns und haben anschließend in zwei Wohnungen die Kinderzimmer. Wir kaufen eine Eigentumswohnung und können dann nicht flexibel auf sich ändernde Lebensumstände reagieren: Berufssituationen ändern sich, Paare finden sich, Kinder werden geboren, Eltern werden hilfsbedürftig, Paare trennen sich, Kinder gehen eigene Wege. Doch unsere Immobilien passen nur zu einem bestimmten Lebensabschnitt.
Room follows needs
Sind die verschiedenen Bedürfnisse und Ziele denn unvereinbar? Gäbe es eine Lösung, die zwar ein Kompromiss wäre, aber zugleich die meisten Ansprüche an das Wohnen der Zukunft erfüllen könnte? Und wie könnte sie Realität werden?
Folgende Wohnform würde sehr viele Ziele und Bedürfnisse erfüllen:
- Biologische und ressourcensparende Bauweise, Versorgung mit erneuerbaren Energien zur Wärme und Stromerzeugung, auch über den Eigenbedarf hinaus;
- gemeinschaftliches Wohnen in einer größeren Gruppe (> 20 Personen), damit man sich mehr an Ausstattung leisten kann, als jeder einzelne ständig benutzt und finanziell aufwenden kann;
- relativ kleine private Wohnräume und zusätzlich Gemeinschaftsflächen, nutzbar als: Gästezimmer, Arbeitsplätze, Feier- und Versammlungsraum mit Küche, Sauna, Raum für Bücher, zum Musizieren, Werkstatt, Arbeitszimmer, Garten …
- das Recht zur Mitgestaltung des Wohnraums und Wohnumfeldes durch eine genossenschaftliche Rechtsform, Mitgliedsbeitrag und Muskelhypothek zur Reduzierung des Finanzierungsaufwandes;
- Verkehrskonzept mit wenigen PKW-Stellplätzen und Ladestationen, gemeinsame E-Autos in unterschiedlichen Größen und E-Bikes zum Ausleihen;
- Modulbauweise zur flexiblen Nutzung gemäß der sich wandelnden Lebensbedürfnisse, Umzug innerhalb der Anlage, um mehr oder weniger Module nutzen zu können;
- Engagement für die Genossenschaft nach fairen und gleichen Regeln, damit die Integration in ein Gemeinschaftseigentum gelingt und der soziale Zusammenhalt gestärkt wird;
- Zusammenleben von allen Generationen und verschiedenen Schichten und Kulturen.
Tue Gutes oder rede darüber
Vor einigen Jahren haben wir ein solches Wohnprojekt entworfen. Alle, denen wir seitdem davon erzählen, finden es im Grundsatz sehr gut, reizvoll, vernünftig, zeitgemäß. Trotzdem kommt es nicht zur Grundstückssuche, denn niemand will sich festlegen. Alle wollen nur, dass andere so wohnen sollen; andere, die schon alt sind oder zu arm, um sich eine große Wohnung oder ein eigenes Haus leisten zu können, die nicht mehr an einen bestimmten Arbeitsplatz gebunden sind oder deren Enkel auch in der Nähe wohnen. Menschen, die wir fragen, wollen eine bestimmte Stadt nicht verlassen. Sie wollen ihr Wohneigentum weiter nutzen und den eigenen PKW, spontan Gäste einladen, ohne irgendwelche Pläne für die Nutzung des Gästezimmers beachten zu müssen. Sie wollen über ihre Freizeit selbst bestimmen können und nicht Pflichten für andere übernehmen, ihren Garten nach eigenem Geschmack gestalten und nicht darüber mit anderen diskutieren müssen. Sie wollen sich das Sofa vor dem Kamin, die Sauna oder die Werkstatt mit niemandem teilen müssen, den sie nicht dazu eingeladen haben. Und sie gehen davon aus, dass sie niemals in eine Lage kommen, in der sie solche Ansprüche aus eigener Kraft und eigenem Vermögen nicht mehr bestreiten können.
Und wir können das alles sehr gut verstehen. Es geht uns doch auch so. Aber der Welt und dem Klima geht es anders. Wir verbrauchen zu viele Ressourcen und zu viel Energie. Doch, mein Haus und mein Auto machen den Kohl mit fett. Unser gesellschaftlicher Zusammenhalt erodiert. Wer sich trotz seiner beruflichen Aufgaben um alte Nachbarn oder die Kinder von Alleinerziehenden kümmert, der handelt vorausschauend sowie eigennützig und sozial zugleich.
Haben oder sein
Wir sind auf Besitz und Verbrauch geprägt worden, denn Verbrauch erzeugt Wachstum, und Wachstum erzeugt Wohlstand. So lautet das Credo unserer angeblich sozialen Marktwirtschaft. Wohlstand erzeugt aber nicht zugleich Wohlbefinden. Und Eigentum macht nicht automatisch glücklich. Der Mensch bleibt ein soziales Wesen, Gesellschaft funktioniert nur mit Kooperation. Prosoziales Verhalten als eines, das mir und den anderen Nutzen bringt, untersucht der Verhaltensökonom Armin Frank und stellt fest: Zufriedene Menschen verhalten sich tendenziell prosozialer.4 Sorgen wir also für Lebensbedingungen, die das befördern.
Das Leben in der Gemeinschaft ist gekennzeichnet vom Kompromiss. Aber Räume und Flächen gemeinsam zu nutzen, ohne auf den persönlichen Rückzugsort verzichten zu müssen, stellt eine erhebliche Bereicherung des eigenen und hoffentlich auch des Lebens anderer dar. Das Ziel ist ein Wohnen in Balance mit Umwelt und Mitmenschen, von privaten und sozialen Bedürfnissen.
Divide et parce
In keinem anderen Land gibt es so viele Vereine wie in Deutschland. Alles Mögliche machen wir zusammen mit anderen: Sport, Hobbys, Jugendarbeit, Ehrenamt usw. Nur beim Wohnen neigen wir zur Abgrenzung: Zäune, Hecken, Anonymität werden gebraucht und geschätzt. Wer Wohnen als „Individualsportart“ ansieht, muss für alle Gemeinschaftsaktivitäten Aufwand treiben und Mitgliedschaftsbeiträge bezahlen. Wer eher „mannschaftssportlich“ orientiert ist, der weiß aus Erfahrung, dass sich eigene Schwächen durch die Stärken anderer ausgleichen lassen. Und wenn dazu noch eine nicht unerhebliche Kostenersparnis für Wohnen, Heizen und Strom hinzutritt, ist das ein ebenso gewollter wie erwünschter Nebeneffekt.
Wir sind davon überzeugt: Wohn- und Lebensräume mit anderen zu teilen, ist kein Verlust, sondern eine Bereicherung. Das gilt nicht erst, wenn die gesetzliche Rente, das Bafög oder andere staatliche Transferleistungen auf die hohen Mieten in Großstädten treffen. Man kann auch aus anderen als wirtschaftlichen Erwägungen Genosse werden.
Unser Konzept hat nicht den Anspruch, für jeden attraktiv zu sein. 20 bis 30 Personen würden schon reichen. Wen sprechen wir an:
- Personen, die alleine leben, aber nicht einsam sein wollen;
- Menschen, die auch nach einer Trennung als Elternpaar ihre Kinder gemeinsam großziehen wollen und dafür nicht jeder eine große Wohnung anmieten möchten;
- Paare, die nach dem Auszug der Kinder keine zu groß gewordene Immobilie weiter unterhalten wollen;
- Personen, die ihr Wohnumfeld aktiv mitgestalten möchten und Lust haben, dies zusammen mit anderen zu tun;
- Menschen, die sich gerne sozial engagieren, die ihre Talente und Fähigkeiten anderen zur Verfügung stellen möchten, weil sie aus Anerkennung und dem Sinn ihrer Betätigung persönliche Freude und Befriedigung ziehen;
- Menschen aus allen sozialen Schichten, auch solche mit kleinem Einkommen oder Grundsicherung;
- Personen, die aus Überzeugung umweltbewusst leben und weniger Ressourcen fürs Wohnen verbrauchen möchten.
Genosse kommt von Genießen
Gemeinsam Wohnen und Wirtschaften als Genossenschaft ist eine lang erprobte und bewährte Form des Zusammenlebens.5 Die erste Wohnungsgenossenschaft wurde vor 160 Jahren gegründet, manche dieser frühen Gründungen existieren bis heute. Das Ziel der Genossenschaft ist die Versorgung der Mitglieder mit preisgünstigem Wohnraum, ihre Prinzipien sind Selbsthilfe, Selbstverantwortung und Selbstverwaltung. Die Idee geht zurück auf die gemeinsame Bewirtschaftung von im Gemeineigentum stehenden Acker- und Weideflächen, im Mittelalter Allmende genannt.
Die Mitglieder einer Genossenschaft sind zugleich Mieter und Eigentümer der gemeinsam genutzten Immobilien. Ihre Interessen stehen im Vordergrund bei allen Entscheidungen. Sie müssen nicht auf den Staat warten, sie sind selbst mächtig genug, weil sie viele sind und weil die Genossenschaft als Ganzes gemeinwohlorientiert agiert. Sie können lebenslang von ihrem Wohnrecht Gebrauch machen, sind sicher vor Spekulationen und etwaigen Eigenbedarfsansprüchen eines Vermieters. Darum ist die Wohnzufriedenheit in dieser Rechtsform sehr hoch.
Zumal die wirtschaftlichen Vorteile auf der Hand liegen. Die Genossenschaft ist nicht auf Gewinnerzielung ausgerichtet, wie dies bei einem privaten Vermieter zwingend erforderlich ist. Damit entfällt ein wesentlicher Teil der Wertabschöpfung und zahlt sich unmittelbar durch eine geringere Miete aus. Betriebskosten können aufgrund des deutlichen geringeren Raumbedarfs sowie der Vermeidung vervielfachter Beschaffungs-, Betriebs- und Wartungskosten auf einem dauerhaft günstigen Niveau gehalten werden. Beispielhaft sei die Nutzung erneuerbarer Energien in Gestalt von Photovoltaik und Solarthermie genannt: Bei einer Einzel- oder Reihenhausbebauung errichtet jeder Eigentümer eine eigene Anlage, die installiert, eingestellt und gewartet werden muss. Bündelt die Genossenschaft hingegen die Dachflächen zur Montage einer Großanlage, ist auch nur eine zu wartende Steuereinheit erforderlich.
Mein, deins, unseres
Eine Beispielrechnung, die zu einer sehr günstigen Miete pro Modul führen würde, könnte wie folgt aussehen: Ein Modul von 32-38 qm privatem Wohnraum pro Person und ca. 8 qm gebautem Gemeinschaftsraum sowie Garten und Nutzflächen (Abstellräume, Parkflächen usw.). Damit wäre der Flächenverbrauch Aller im Durchschnitt geringer als im Bundesdurchschnitt, unabhängig davon, ob sie alleine einen Hausstand bilden oder mit anderen. Für 20 Genossenschaftsmitglieder würden ca. 800-900 qm Wohnraum errichtet, davon 160 qm als Gemeinschaftsräume, idealerweise in einem eigenen Haus. Das Grundstück sollte mindestens 2.000 qm groß sein. Man kann mit größeren Modulen planen, oder zusätzlich Co-Working-Spaces oder Arbeitsräume im Gemeinschaftshaus vorsehen.
Die Modulbauweise ermöglicht nicht nur schnelleres, standardisiertes und damit kostengünstiges Bauen. Vielmehr lassen Module eine variable Wohnnutzung zu. Die Module können miteinander verbunden werden, um z.°B. eine familiengerechte Wohnsituation zu schaffen. Ändert sich die Lebenssituation, kann man ein Modul abgeben oder hinzunehmen, ggf. innerhalb der Wohnanlage umziehen, ohne sein gewohntes Umfeld verlassen zu müssen. Man kommt mit weniger Platz aus, denn man braucht kein Gästezimmer für wenige Übernachtungsbesuche im Jahr, kein großes Wohnzimmer für ein Familienfest, keinen Hobbykeller, kein Arbeitszimmer und keine eigene Werkstatt. Denn dafür können die Gemeinschaftsräume genutzt werden. Man kann sich mit anderen zum Nähcafé treffen oder zum Kartenspielen, man kann zusammen Musik machen, sich auch bei geringem Einkommen den Luxus einer Sauna, eines Fitnessraums und eines PKW leisten, man muss nur bereit sein, alle diese Annehmlichkeiten mit anderen zu teilen.
Wie gelingt das Zusammenleben und wie fördert es prosoziales Verhalten? Wir schlagen vor, dass jedes (erwachsene) Mitglied der Genossenschaft pro Woche eine bestimmte Stundenzahl an Gemeinschaftsleistungen zu erbringen hat. Man kann Aufgaben für die Instandhaltung der Anlage innen und außen übernehmen, Gartenarbeit leisten, das Treppenhaus reinigen, die E-Bikes warten, die Buchhaltung übernehmen – was immer die Genossenschaft als Gemeinschaftsleistung anerkennt. Personen, die lieber anonym leben möchten und sich nicht gerne mit anderen abstimmen möchten, werden sich einer solchen Wohnform nicht anschließen. Wir vermuten aber, da bleiben noch ein paar übrig.
Wer Lust auf unser Projekt hat, möge sich melden (behrenbeck@cores-consulting.de). Das Grundstück wird sich finden.
References
- „Im Jahr 2018 (Mikrozensus Zusatzerhebung) lag die Wohnfläche pro Kopf in Ein-Personenhaushalten mit 68 Quadratmetern (m²) um mehr als ein Drittel höher als die Wohnfläche pro Kopf in Zwei-Personenhaushalten mit 49 m². Die Mitglieder von Haushalten mit drei oder mehr Personen beanspruchten sogar nur eine durchschnittliche Fläche von 33 m². Ein wichtiger Grund für die geringere Wohnflächenbeanspruchung pro Person in Mehr-Personenhaushalten ist die gemeinsame Nutzung von Küche, Bad und Flur.“ https://www.umweltbundesamt.de/daten/private-haushalte-konsum/wohnen/wohnflaeche#zahl-der-wohnungen-gestiegen. Letzter Zugriff: 10.05.2022.
- „Ein-Personenhaushalt in der Altersgruppe über 75 Jahre im Jahr 1978 noch 55 Quadratmeter (m²), im Jahr 2010 waren es bereits rund 78 m². Die Wohnflächenbelegung junger Ein-Personenhaushalte ist hingegen seit 1978 – mit kleinen Schwankungen – nicht wesentlich gewachsen und blieb unter 50 m².“ Ebd.
- Ebd.
- Armin Falk (2022): Warum es so schwer ist, ein guter Mensch zu sein … und wie wir das ändern können. Antworten eines Verhaltensökonomen. München: Siedler Verlag (in Auslieferung).
- Michael Stappel (2020): Die deutschen Genossenschaften 2020 – Entwicklungen – Meinungen – Zahlen, Wiesbaden: DG Verlag.
SUGGESTED CITATION: Behrenbeck, Sabine; Focks, Jürgen: Genossenschaftliches Wohnen. Die moderne Allmende, in: KWI-BLOG, [https://blog.kulturwissenschaften.de/genossenschaftliches-wohnen/], 23.05.2022